Teufels Werk und Gottes Beitrag

Der Teufel sieht eigentlich ganz gemütlich aus, hat keine Hörner, keinen Eselsschwanz oder gar einen Pferdefuss, verströmt auch keinen Schwefelgeruch, wie man es sich früher vorstellte. Ein Mann aus dem Volk, zum Anfassen. Das Böse tarnt sich gut. Nur wer genau hinschaut, sieht die Kälte im Blick, ahnt die Jahrhunderte voller Massenmord, Elend, Leiden, Sadismus und Zügellosigkeit, die er in sich trägt, als Vermächtnis.

Das Böse hat sich bei Gott einiges abgeschaut und nutzt Freundlichkeit, Humor für seine Zwecke und tut dem einen oder anderen gerne mal einen Gefallen. Das Böse verführt das Gute leise. Halbwahrheiten, an die man glauben möchte, praktisch verpackte kleine Lügen, die sich plausibel anhören. Eine geschickte, Luzifer nützliche Auswahl der Wirklichkeit, in Bonmots verpackt. Eine charmante Kopfbewegung. Das Böse möchte sich beliebt machen.

Nur manchmal lässt Satan seine Maske fallen, wenn es ihm zu bunt wird und er entlarvt ist. Dann bricht Jähzorn hervor und ängstliche Naturen sind eingeschüchtert und beeindruckt. Sie suchen schnell den Schatten des Teufels, darin lässt es sich leben, wenn man seine Seele opfert. Das bedeutet Selbstaufgabe, Ergebenheit bis zum Verschwinden. Nicht nur das Selbst verschwindet im Schatten des Teufels, alles Menschliche ist bedroht, jegliche Individualität, alles Glück, Freiheit, Lebenszeit, die Gesundheit. Das Böse besticht durch Macht, Rhetorik, Demagogie, Wichtigtuerei. An der Seite des Teufels kann man am Bösen teilhaben, eine unterhaltsame Show, wenn man sich an seine Regeln hält. Das Gute hat mit Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft wenig auszurichten. Was ist schon lächerlich machtlose Ehrlichkeit gegen unterhaltsamen Schmerz.

Einen Neben-Teufel duldet der Teufel nicht. Er teilt seine Macht nicht. Trotzdem ist der Teufel gar nicht so mächtig, er kann Gott nicht besiegen. Der Teufel ist guter Stratege: er hat Gott einmal geholfen und wenn das rauskäme, stände Gott sowas von schlecht da. Gott ist also erpressbar geworden und seine Allmacht ist begrenzt. Beide, ob Teufel oder Gott, können alleine nicht mehr viel ausrichten. Und Gott kann auch deshalb nicht viel ausrichten, weil er viel zu tun hat, weil er selten da ist.

Gott arbeitet nämlich an einer neuen Schöpfung, aber es klappt nicht mehr so gut wie damals. Im Grunde braucht ja keiner eine neue Schöpfung, uns wäre es lieber, Gott würde die alte perfektionieren. Aber Gott hat Selbstzweifel und will sich beweisen. War die erste Schöpfung gar nicht seine großartige Leistung, sondern eher Zufall, Gott war nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und sprach zufällig die richtigen Worte? Auch ohne ihn hätte sich alles so von selbst ergeben, nach einem noch höheren Gesetz? Wäre ein anderer an seiner Stelle gewesen, wäre vielleicht auch alles so gelaufen? Daher ist Gott innerlich nicht frei, seine Zweifel übertragen sich auf die Welt, die er nicht mehr so lieben kann wie früher. Er lässt alles laufen und überlässt dem Teufel das Tagesgeschäft. So macht sich Gott schuldig, er ist ein gefallener Gott, kein lieber Gott. Ist nicht auch Satan nur ein gefallener Engel?

Es heißt, Gott habe den Menschen nach seinem Ebenbilde geschaffen. Das spräche eher dafür, dass er wenig kreativ war, vielleicht von Anfang an gar nicht so allmächtig, wie er sich eine Zeitlang gab. Das nagt an ihm, er versucht sich an immer neuen Erfindungen, aber er ist mit nichts wirklich zufrieden, er verliert sich in Aktionismus, von dem wir gar nichts wissen. Er konzentriert sich immer mehr auf sich und seine Zweifel, er müsste die Schöpfung einem Engel übergeben, aber der kann es womöglich besser als Gott selbst!

Einen Nebengott duldet Gott ebensowenig wie der Teufel einen Zweitteufel. Also kann es gut sein, dass Gott in seiner Bedrängnis immer wieder mal auf die Hilfe des Teufels zurückgreifen muss. Man kennt sich lange. Der Teufel wird Gott niemals ersetzen können, daher ist er für Gott keine Gefahr. Ja, heute lässt Gott nichts mehr auf den Teufel kommen, er definiert sich quasi über den Teufel, er braucht ihn. Der Teufel ist der einzige, auf den sich Gott wirklich verlassen kann, denn das Böse ist als Waffe niemals stumpf geworden. Der Teufel hilft Gott, seine Machtlosigkeit zu verdrängen, Gott hört gern auf den Teufel, denn er sagt ihm, dass er alles richtig macht. Ob Gott oder Teufel, wo ist der Unterschied. Die Liebe ist flüchtig und unzuverlässig, ist nicht effizient, das Gute ist Glaubenssache und Tugenden sind abgegriffen wie gebrauchte, aus der Mode gekommene Klamotten.

155 Aufrufe – LDS: 24.02.2025


Beitragsbild: Hieronymus Bosch De kruisdraging, Public Domain, via Wikimedia Commons, 2013.

Verwendung des PICR-Logos mit freundlicher Genehmigung durch PICR, 19.05.2024.

Textteiler: Vektoren von Vecteezy, Danur Suharja, bearb. v. Mirke (Ausschnitt, gespiegelt), 11.02.2023.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.