Alpha, Beta, Gamma

Ich habe mir einen Geigerzähler gekauft – man kann ja nie wissen, genauer gesagt einen „Strahlungsmonitor Radex RD1706“. Damit laufe ich jetzt durch die Gegend und messe die Beta-und Gamma-Strahlung, der wir ausgesetzt sind, ohne sie wahrzunehmen. Diese bewegt sich in Berlin meist um 0,10 Micro-Sievert (µSv) pro Stunde (0,08 – 0,14 µSv). Im Altbau im 3. Stock sind es weniger: 0,08 µSv. In Pankow habe ich heute den höchsten Wert gemessen, 0,14 µSv. Ich habe mich selbst gemessen, das Gerät an den Oberschenkel angelegt; die Messreihe ergibt weniger als die üblichen 0,10 µSv, nämlich 0,08 µSv. Das ist beruhigend, ich bin keine Strahlungsquelle, die eine Gefahr für Umwelt darstellen könnte. 😌

Gefährlich wäre es erst ab 1,2 µSv pro Stunde, dann sollte ich das Staatliche Gesundheitsamt kontaktieren, Epidemiestelle. Zur Durchführung einer eingehenden strahlentechnischen Untersuchung, steht im Handbuch zu Radex1706. 0,10 µSv pro Stunde (µSv/h) entsprechen 0,1 * 24 * 365 = 876 µSv pro Jahr oder 0,876 Milli-Sievert (mSv) pro Jahr (mSv/a) und liegen im zu erwartenden Normalbereich für die Region.

Atombomben, Tschernobyl, Fukushima

An Nahrungsmitteln habe ich einige Nahmessungen vorgenommen, nichts Systematisches, nur so als Spielerei. In Verdacht einer höheren Strahlung hatte ich das Wildgulasch aus unserer Tiefkühltruhe. Wegen der Katastrophe von Tschernobyl 1986 schwirrt ja noch immer genug strahlendes Cäsium137 herum und vor allem der bayrische Wald und das Voralpengebiet waren „verseucht“ worden, woher das meiste deutsche Wildbret kommt. Weil der Wind so stand und es dann regnete, wurde damals die Luft über diesen Regionen von den strahlenden Isotopen saubergewaschen, dafür leider der Boden durch den Fallout kontaminiert. Vor Pilzen, Haselnüssen und Wildfleisch wurde gewarnt. Auch Milch strahlte mehr als üblich, aber das alles wäre eine andere Story …

Aus Caesium wird Barium …

Inzwischen gab es Fukushima und von den vielen oberirdischen Atom­bomben­versuchen vor allem der 1960er Jahre ist sicher auch noch was übrig. Cäsium137 hat eine Halbwertszeit von ca. 30 Jahren – die Hälfte des Tschernobyl-Caesiums sollte heute, fast exakt 30 Jahre danach, zerfallen sein. Wobei Zerfall ja nicht Verschwinden bedeutet, es entstehen neue „interessante“ Elemente, im Fall des Caesium137 z. B. überwiegend zunächst Barium137m, ein Gammastrahler mit einer Halbwertszeit von ca. 2,5 Minuten, danach stabiles Barium. Barium reagiert stark mit anderen Stoffen – wasserlösliche Bariumverbindungen sind für Menschen giftig. Das nur mal so als Beispiel, weil die meisten denken, mit dem Zerfall ist der Schiet weg. Genau erforscht scheint die Rolle von Barium in der Natur noch nicht, man weiß in Bezug auf Pflanzen nur, dass diese Barium anreichern und dass sie nicht ohne auskommen. Das nur so als Beispiel dafür, dass wir Menschen etwas anstellen, ohne die Folgen wirklich zu überblicken. Kritische Philosophen nennen sowas irrationales Verhalten.

Hirschgulasch

Um auf meinen Radex zurückzukommen: das geprüfte Hirschgulasch strahlt weniger als die Umgebung in Berlin, nur 0,06 µSv. Wahrscheinlich, weil es aus Neuseeland kommt und nicht aus Bayern. Höhere Werte finde ich bei unserem Bio-Obst und -Gemüse. Wobei das aus dem eigenen Berliner Garten zum Glück weniger strahlt.

Bananen mit Kalium40

Ausgerechnet Bananen! Unsere Bananen strahlen im Obstkorb mit 0,18 µSv deutlich mehr als z.B. Brot mit 0,12 µSv. Gemeint ist hier die Eigenstrahlung plus die Hintergrundstrahlung, also 0,10 µSv „übliche“ plus 0,08 µSv Bananenstrahlung. Das liegt wohl am hohen, an und für sich gesunden Kaliumgehalt von Bananen. Wo viel natürliches Kalium ist, da kommt auch das „natürlich“ strahlende Isotop Kalium40 vor (zu 0,01%, oder genauer: 117 ppm). Kalium40 ist sowohl Beta- wie Gammastrahler und zerfällt in etwa 90% der Fälle in stabiles Kalzium40, ansonsten entsteht das ebenfalls stabile Edelgas Argon40. Neben Uran238 und Thorium232 hat Kalium40 den größten Anteil an der sogenannten natürlichen Radioaktivität.
Aber auch Caesium137 könnte es sein, da es dem Kalium ähnelt und die Bananenpflanze es vielleicht verwechselt. Zum Glück kann es zu einer Kalium-Überdosierung im Menschen nicht kommen, denn was zuviel ist, wird einfach ausgeschieden.

Paranuss mit Radium226/228

Anders sieht es z. B. bei Paranüssen aus. Diese kommen ja aus dem brasilianischen Regenwald und sollten, so denkt man, unverdächtig sein, hinsichtlich irgendwelcher, vom Menschen geschaffener Gifte. Doch sie enthalten signifikante Mengen an Radium226 und Radium228. Radium ist ja der Stoff, mit dem sich das Forscher-Ehepaar Marie und Pierre Curie Anfang des 20. Jahrhunderts beschäftigte, beide starben an den Strahlenfolgen. Das Dumme ist nun: Radium reichert sich im Körper an. Der Mensch ist nicht direkt schuld am Radiumgehalt der Paranuss, der Paranuss-Baum fährt aus unerforschten Gründen auf den Stoff ab, sammelt ihn und konzentriert ihn in seinen Früchten. Somit also ganz „natürliche“ Radioaktivität? Aber die Unterscheidung in natürliche und künstlich geschaffene Strahlenbelastung ist an und für sich unsinnig – es gibt keine gesunde Radioaktivität. Nur welche, die sich nicht vermeiden lässt.

Strahlungsarten

Alpha-Strahlung ist normalerweise ziemlich harmlos, schon ein Blatt Papier schirmt sie ab. Daher kann mein Radex sie auch nicht messen. Beta-Strahlung kommt schon etwas weiter, eine Wand oder ein Blech schützen vor ihr. Richtig gefährlich ist die Gamma-Strahlung, zur Abschirmung wird schon eine mindestens 15 Zentimeter dicke Bleiwand benötigt. Wobei Blei übrigens mindestens ebenso verdächtig ist wie Kalium, es gibt einige „natürlich“ strahlende Blei-Isotope.

Strahlung von innen ist gefährlicher

Grundsätzlich ist es etwas ganz anderes, ob wir radioaktive Stoffe aufnehmen, die dann in uns strahlen, oder ob die Radioaktivität ausschließlich von außen kommt. Kommt die Strahlung aus dem Kosmos, z.B. während eines Fluges, dann ist die Belastung vorbei, wenn wir landen. Entsteht sie aber im Körper selbst, werden wir sie nicht so einfach wieder los, wir sind ihr so lange ausgesetzt, wie wir die Isotope im Gewebe haben, und auch Alpha- und Beta-Teilchen entfalten ihre schädigende Dauerbeschuss-Wirkung in den Nachbarzellen. Der Körper steht wegen des erhöhten Reparaturbedarfs unter Dauerstress, mitunter kommt es zu irreparablen Zellschädigungen, darunter zu Krebs.

Tabak liebt Polonium210

Es gibt übrigens unter Wissenschaftlern die Ansicht, dass die Lungenkrebsgefahr des Tabakrauchens wesentlich auf die Neigung der Tabakpflanze zurückgeht, das radioaktive Blei-Isotop Blei210 sowie Polonium210 anzureichern, beide Stoffe lagern sich im Lungengewebe ab und zerstören es durch Alphastrahlungs-Trommelfeuer (vor allem Polonium ist ein starker Alpha-Strahler). Tabak filtert die Stoffe mit seinen von feinen Härchen bedeckten Blättern sehr geschickt aus der Luft, wo auch immer noch wie erwähnt solche radioaktiven Elemente herumfliegen, die bei oberirdischen Atombombenversuchen in den vergangenen 70 Jahren entstanden sind (➥ Strahlende Vergangenheit).

Buchprojekt?

Vielleicht sollte jemand mal ein Buch schreiben zum Thema „Leben mit Allergien – ein Wegweiser durch den Ernährungsdschungel“. Darin sollte ein Kapitel über radioaktive Kontamination von Lebensmitteln und eine Abschätzung der Folgen eine wichtige Rolle spielen. Ich neige zu der Annahme, dass die zunehmende Radio­aktivität unserer Nahrung (über die Schwächung des Immunsystems) Allergien provoziert. Dies wäre auch eine Erklärung für die allgemeine Zunahme von Allergien in den letzten Jahrzehnten.

Ganz spannend wäre auch eine genauere Betrachtung der gesundheitlichen Rolle von Spurenelementen im menschlichen Körper, welche durch radioaktiven Zerfall erst in uns entstehen. Selbst fast 80 Jahre nach dem Zünden der ersten Atombombe über Hiroshima findet man im Netz keine voll­stän­digen Listen darüber, welche Stoffe bei diesen Explosionen oder in den verschiedenen Arten von Atomkraftwerken entstanden sind und entstehen. Nur ungefähre. Der Bing-Chat behauptet, die genauen Informationen würden geheim gehalten (2023).

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Beitragsbild: Gretarsson, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons, bearb. v. Mirke (Ausschnitt), 20.07.2021.

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