Mit der „MS Gera“ – einem Ausflugsdampfer der „Fahrgastschifffahrt Saalburg“ – geht es auf dem Stausee bei Saalburg los. Der „Dampfer“ hat eine Länge von gut 40 Metern und könnte 300 Gäste befördern. Etwa 15 Mitfahrer sind zusammengekommen. Wir schippern erst eine Stunde in die eine, dann eine Stunde in die andere Richtung. Dazwischen 30 Minuten Pause.
Der Saale-See entstand 1926-1932 und gilt als Deutschlands größter Stausee. Länge: 28 Kilometer, Fassungsvermögen: 215 Millionen Kubikmeter. Ähnlich wie manche müde Erhebung im sonstigen Flachland gleich den Titel „Schweiz“ erhielt (Mecklenburgische Schweiz, Brandenburgische Schweiz, Holsteinische Schweiz), so spricht man hier stolz vom „Thüringer Meer“. Darin zusammengefasst sind Hohewartestausee, Bleilochstausee, die Talsperre Walsburg sowie die Ausgleichsbecken Eichicht und Burgk.
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Der Freibad-Strand wurde durch Absenken des Stausee-Pegels kollateral verbreitert (links). Der Totenfelsen gilt als frühgeschichtliche Opferstätte (rechts).
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Idyllische Datsche im Schwarzwald-Stil am See (links), Blick übern See bei Saalburg (rechts).
Rechts zieht das Freibad vorüber, der Strand ist zur Freude der Badenden geräumiger geworden. Denn der See wurde 6 Meter abgelassen, erklärt der Kapitän, man muss die Staumauer reparieren. Dazu soll im Herbst nochmal eine Absenkung um sechs Meter erfolgen, dann ist das stolze Meer vorübergehend zum großen Teich degradiert. Man sieht die Landestege am breiter gewordenen Uferstreifen auf dem Trockenen liegen, als wir an einer Datschenkolonie vorbeituckern. Wie viele mögen es sein? 25 schätze ich – der Kapitän meldet mehr als 400. Ansonsten kein Ort nirgends, nur Natur. In den Fichtenwäldern zu beiden Seiten leben unzählige Vögel, daher wurden die teilweise steilen Hänge zum Europäischen Vogelschutzgebiet deklariert. Nun geht es noch am „Totenfelsen“ bei Zoppoten vorüber. Dieser gilt als alte heidnische Opferstätte, hier sollen Menschen hinabgestürzt worden sein [1]. Heute ist er markantes Ziel von erholungssuchenden Ausflüglern. Der Dampfer macht eine Wende und zurück geht’s Richtung Saalburg. Für Kaffee und Kuchen oder eine thüringische Bockwurst plus zwei diagonal zerteilte Toasts hat es gereicht.
Es ist Montag und nicht gerade Ausflugszeit. Mindestens zehn Fahrgäste müssen zusammenkommen, sonst wird der zweite Teil unserer großen Fahrt – der zur Staumauer – gestrichen. Da macht der Kapitän, der auch die Tickets kontrolliert, keine Ausnahme! Kurz vor Abfahrt kommen noch einige Ausflügler, nix war’s mit verfrühtem Feierabend. „Ich habe zwei Nachrichten für Dich“, scherzt der Käpt’n zu Steffi, der Bedienung, die auch die Bordküche schmeisst: „Die gute ist, Du darfst noch weiterarbeiten. Die schlechte ist: ich auch“.
Nun geht es unter der Saalburg-Brücke durch nach Norden. Wir lassen das Städtchen wieder hinter uns, rechts kommt die Werft (die aus einer großen trockenen Wiese und zwei Hallen zu bestehen scheint). Auf dem Trockenen liegen ein verrosteter Ausflugsdampfer und ein paar kleinere Boote. Vier Gleise führen ins Wasser. Aufgebockt wird hier im Herbst auch die „Gera“ und über Winter wieder aufgepimpt. In der Ferne die Sommerrodelbahn, eine bedeutende Attraktion der Gegend. Es folgen mehrere große Campingplätze, die Anlegestelle Bleiloch (die wegen des niedrigen Wasserpegels nicht erreichbar ist), eine Segelschule. Ein Schwarm Jollen wird umfahren. Der Stausee ist recht beliebt bei Wassersportlern. Überall liegen kleinere Boote am Ufer, es wird gesegelt, Speedboot gefahren oder Wasserski. Bei Saalburg kann man Tretboote, Elektro- und Paddelboote ausleihen. Bei der Hitze in diesem Jahr sollte man einen Hut mitnehmen 😎.
Nun kommt schon die 65 Meter hohe Talsperre in Sicht. Von Wasserseite aus wirkt sie natürlich nicht so beeindruckend. In der Mitte gähnt ein schwarzes Loch, der große „Abfluss“ ist nur wegen des niedrigen Pegels zu sehen. Die Staumauer gilt als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ und leistet heute 80 Megawatt, in Spitzenzeiten. Der Netzanschluss erfolgt über die Schaltanlage Remptendorf auf der 110-kV-Hochspannungsebene in das Stromnetz des Verteilnetzbetreibers TEN Thüringer Energienetze. Daher verzieren zahlreiche Hochspannungsleitungen die Natur der Region.
Wir fahren noch etwas in einen Backbord-Arm hinein bis zur Remptendorfer Bucht, dann folgt eine Wende fast auf der Stelle. Rechts hockt ein einsamer Angler, links steht ein Anglerboot in einer Bucht. Die Männer haben sich trotz der brennenden Sonne in grüne Tarnkleidung geworfen. „Kampfangler“ kommentiert wissend ein Mitfahrer, was soviel heißt wie dass es sich um welche handelt, die möglichst viele Fische angeln wollen – im Gegensatz zu denen, die eigentlich nur einen Vorwand suchen, am Rand eines Gewässers zu sitzen und an nichts weiter zu denken. Die Tarnkleidung scheint tatsächlich vor dem kritischen Blick der Fische zu schützen. Der Stausee gilt als Fischparadies, hier gibt’s Hechte, Zander und Barsche in enormen Mengen und zum Teil gewaltigen Größen [2]. Hoffentlich überstehen sie die „Teichphase“ mit 12 Metern abgesenktem Wasserpegel.
Wieder ziehen die grünen Hänge vorüber und schon nähert sich die Saalburg-Brücke. Zwischen zwei Pfeilern durch, ein Schwenk nach links. Zwei Mädels winken lustig vom Tretboot. „Hier der beste Blick auf Saalburg“, sagt der Kapitän dazu. Emsig werden Fotos vom Städtchen geschossen und schon liegen wir wieder am Steg. Die Kreuzfahrt ist beendet. Der Kapitän hat Feierabend.
1.199 Aufrufe – LDS: 18.03.2025
● https://www.thueringen.info/das-thueringer-meer.html
Zum Thüringer Meer zählen Bleiloch-Talsperre und Hohenwarte-Stausee.
● http://www.saalburg.de/
Webseite des Städtchens Saalburg an der Bleiloch-Talsperre.
● https://de.wikipedia.org/wiki/Bleilochtalsperre
Infos zur Bleilochtalsperre bei Wikipedia.
[1] kulturlandschaft.fh-erfurt.de: Hinweise in Sagen zur Eigenart der Landschaft und zu historischen Kulturlandschaftselementen. ▲
[2] fischundfang.de: Die Bleilochtalsperre. ▲
Beitragsbild: Mirke, 2018.
Verwendung des PICR-Logos mit freundlicher Genehmigung durch PICR, 19.05.2024.
5701.1 Mirke (für 2 Fotos), 2018. ▲
So schöne Bilder, erinnert mich an die Wolga in Russland.