Melancholie und Eisenbahn

In Berlin sollte man nicht nur die Museumsinsel besuchen. Ich empfehle einmal den Besuch im kleineren Bröhan-Museum an der Schlossstraße 1a, fast direkt gegenüber dem Schloss Charlottenburg. Das Bröhan-Museum hat sich auf Jugendstil und Art Deco spezialisiert, es werden Möbel und Alltagsgegenstände von der Stehlampe bis zur Kaffeekanne gezeigt und es gibt eine eigene faszinierende Glasabteilung. Es ist nie überfüllt und auch nicht riesengroß.

Meistens gibt es zusätzlich eine Sonderausstellung, z.B. zu einem Maler aus dieser Zeit, so wiederholt zu Hans Baluschek (1870-1935). Die Ausstellung umfasst etwa 40 Motive der Frühzeit des Künstlers. Er ist in Breslau geboren, studierte und lebte bis zu seinem Tode in Berlin-Schöneberg, zunächst in der Gotenstraße 4, dann Cheruskerstraße 5, bis er von der Stadt in den Ceciliengärten bis 1933 eine Atelierwohnung gestellt bekam.


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Links: Arbeiterinnen (1900), rechts: Städtischer Arbeitsnachweis für Angestellte (1931).

Sein Vater war Eisenbahner, daher vielleicht eine Vorliebe für dieses Sujet. Ein „Eisenbahnmaler“ war er aber trotzdem nicht, im Mittelpunkt stehen meistens Menschen: Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, auch mal eine Tänzerin wie auf dem Bild „Tingeltangel“. Leicht hatte er es nicht, wurde von Kaiser Wilhelm II. als „Rinnstein-Maler“ bezeichnet und von den Nationalsozialisten schließlich als „entartet“.


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Links: Tiefer Schnee (1918), Mitte: Arbeiterstadt (1920), rechts: Kriegswinter (1917).

Mich spricht der ungeschönte Realismus an, der sich wohltuend von der wilhelminischen Schwülstigkeit abhebt und das normale Leben zeigt. Es ist kein Fotorealismus, die Menschen finde ich typisiert, sie ähneln sich wie bei Zille oder auch Otto Dix. Es sind Menschen, denen man den Kampf gegen die Alltagsumstände ins Gesicht geschrieben sieht, Kampf ums Ãœberleben, auch gegen die Natur. Kein Lachen, keine Leichtigkeit, selbst auf dem Jahrmarkt nicht. Es gibt viele Schneemotive: Fußgänger, die sich gegen den Winterwind behaupten, Eisenbahnen, die durch den Schnee pflügen – damals gab es noch „richtige“ Winter.


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Links: Tingeltangel (1900), rechts: Vergnügungspark (Alte Hasenheide)(1910)

Es sind keine fröhlichen Werke, ihnen ist eher eine Art Melancholie eigen. Die Technik wird nicht stilisiert, glorifiziert oder dämonisiert wie im Expressionismus; gerade die Eisenbahnmotive wirken fast tröstlich, die Technik hilft dem Menschen, fast schon gemütlich und modellbahnhaft, weihnachtlich, wie im „Großstadtbahnhof“ von 1904 (Beitragsbild).

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Der langweilige Berliner „Baluschek-Park“ an der S-Bahnlinie zwischen Priesterweg und Südkreuz wird dem Maler nicht gerade gerecht

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Weiterführende Links

● https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Baluschek
Alles zum Maler Hans Baluschek bei Wikipedia.

● http://roteinsel.blogspot.com/…
Hintergründe zum Berliner Leben des Malers Hans Baluschek.

● https://www.tagesspiegel.de/kultur/…
Gute Ausstellungsbesprechung zu Hans Baluschek, derzeit im Berliner Bröhan-Museum.

Beitragsbild: Hans Baluschek, Public Domain, via Wikimedia Commons, 2012.

1298.1   Links: Hans Baluschek, Gemeinfrei, www.zeno.org, 28.06.2021. Rechts: Hans Baluschek, Public Domain, via Wikimedia Commons, 28.06.2021&.nbsp; 

1298.2   Links: Hans Baluschek, Gemeinfrei, www.zeno.org 28.06.2021. Mitte: Hans Baluschek, Public Domain, via Wikimedia Commons, 28.06.2021. Rechts: Hans Baluschek, Gemeinfrei, www.zeno.org, 28.06.2021.  

1298.3   Links: Hans Baluschek, Public domain, via Wikimedia Commons, 28.06.2021. Rechts: Hans Baluschek, Public Domain, via Wikimedia Commons, 28.06.2021.  

1298.4   Mirke, 2012.  

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